ISSF ändert Regeln für Pistolengriffe
- hd1147
- 19. Dez.
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Die ISSF hat am 10.12.2025 die Regeländerungen für 2026 bekannt gegeben. Dazu ist ein Begleitschreiben an die nationalen Verbände veröffentlicht worden, dass vom 07.12.2025 datiert ist und klar macht, dass die Regeln ab dem 01.01.2026 in Kraft treten sollen und der beigefügte Entwurf zur Information an die nachgeordneten Beteiligten gedacht ist Die veröffentlichen Änderungen werden auf der ISSF-Seite als Entwurf (DRAFT) bezeichnet. Vorab gab es schon einige Informationen zum Thema Kleidung bei den Gewehrdisziplinen. Auch die anstehenden Änderungen bei den Finalformaten waren absehbar.
Überraschend waren die deutlichen Regeländerungen bei den Pistolengriffen für die 10m- und 25m-Wettbewerbe, die bis dato nicht zu uns durchgedrungen waren.
Nachzulesen sind die neuen Regeln ab Regel 8.4.1 hier: https://backoffice.issf-sports.org/getfile.aspx?mod=docf&pane=1&inst=455&file=V2-ISSF-Rules-2026-DRAFT.pdf
Hier der Auszug mit Regel 8.4.1:
Im Detail wurde folgende Regeln für Luftpistole und 25m-Pistole neu hinzugefügt/ergänzt bzw. geändert:
1. Klarstellung Handgelenk sichtbar frei (Regel 8.4.1.1 Buchstabe a Satz 3)
Auch in der alten Fassung war geregelt, dass das Handgelenk beim Halten der Pistole in der normalen Schießposition sichtbar frei bleiben muss. In den neuen Regeln ab 2026 wird ergänzend klargestellt, dass das Freibleiben des Handgelenks ohne jegliche Markierung an der Hand des Athleten sichtbar eindeutig erkennbar sein muss.
2. Keine nachgiebigen/komprimierbaren Materialen am Griff
Das ist keine neue Erkenntnis. Diese Ergänzung stellt klar, dass keine weichen Schaumstoffe wie zum Beispiel Moosgummi verwendet werden dürfen. Ist die Erhöhung der Handballenauflage aus Kork noch zulässig? Wo genau komprimierbares Material beginnt, lässt sich schwer einschätzen.
3. Keine nach oben gehenden Unterstützungen der Hand in Querrichtung
Die bisher nur in der Pistolentabelle (Buchstabe a) unter Regelnummer 8.11 enthaltenen Hinweise, dass der Griff in Querrichtung keine Unterstützung der Hand jenseits von 90° enthalten darf, haben ihren Weg nun in Regel 8.4.1.5 Buchstabe c für Luftpistole und wortgleich in Regel 8.4.1.6 Buchstabe c für 25m-Pistole gefunden.
Die bisherigen Zeichnungen aus Regel 8.1.3 sind nun unter Regel 8.4.1.1 zu finden.

Diese wurden um die Zeichnung auf der rechten Seite ergänzt. Erst aus der Zeichnung ergibt sich, dass die in den Regeln 8.4.1.5 c und 8.4.1.6 c genannten 90° in Bezug zur Griffachse zu verstehen sind. Leider hat die ISSF es aber versäumt den unklaren Begriff Griffachse zu definieren. Aus der Zeichnung könnte man meinen, dass es sich bei Griffachse um eine senkrechte Line ausgehend von der Oberkante des Griff aus Rückansicht handelt. Das ist aber in der Praxis kein tauglicher Maßstab, weil die beiden Seiten oben nicht gleich hoch sein müssen. Oder anders formuliert: Die Achse kann je nach Gestaltung der Griffoberkante frei gestaltet werden und ist damit nahezu beliebig.
Auch das Verständnis der Griffachse als Senkrechte ausgehend von irgendeiner Kante an der Waffe ist untauglich.
Wäre beispielsweise die Kimmenunterkante oder ein anderer waagerechter Teil der Waffe die Referenzachse, würde das dazu führen, dass die bei seitlich verstellbaren Griffen die Oberkante der Handballenauflage hoch als 90° stehen würde.
Insofern kann man die ergänzte Zeichnung auf der rechten Seite als Klarstellung verstehen, dass genau das nicht gewollt ist. Ein Griff wird nicht dadurch regelwidrig, dass die Waffe im Griff seitlich geneigt wird, um zum Beispiel eine Verkantung auszugleichen.
Dennoch bleibt die Frage, wie die Griffachse bestimmt wird, weiter offen.
4. Keine nach oben gehende Unterstützung mehr für den Daumenballen in Längsrichtung
Bisher waren Unterstützungen des Griffs in Längsrichtung nicht eingeschränkt. Die bisherige Regel aus der Tabelle in Regel 8.1.2 Buchstabe a letzter Satz erlaubte das ausdrücklich. Der Satz ist fast wortgleich (außer um ein "The" am Satzanfang) in die neue Regel 8.4.1.5 Buchstabe g und 8.4.1.6 Buchstabe g gewandert.
Neu ist die Maßgabe, dass, entgegen der vorgenannten Regelung, dies nicht mehr für den Daumenballen in Richtung Griffende gilt. Hier greift die neue Regel 8.4.1.5 Buchstabe f und 8.4.1.6 Buchstabe f ein. Diese verbietet, dass der Griff in Längsrichtung am hinteren Ende nach dem tiefsten Punkt nicht wieder nach oben gehen darf. Bezugsgröße für den tiefsten Punkt ist die Laufachse.
Damit man versteht was gemeint ist, hat die ISSF zu den beiden Regeln Skizzen abgebildet. Hier ist die Skizze aus Regel 8.4.1.6 abgebildet:

Damit ist der sogenannte Schumann-Haken (benannt nach dem 3-fachen Olympiasieger Ralf Schumann, auf der Skizze unten mit dem Pfeil gekennzeichnet, in der Zukunft passé.
Viele Luftpistolen bieten heute die Möglichkeit den Winkel der Waffe im Griff in Längsrichtung zu verstellen. Die Griffe müssen die neue Daumenballenregel auch dann einhalten, wenn dieser Winkel vom Schützen ganz flach eingestellt ist.
5. Handballenauflage muss am Ende einen 30°-Winkel haben
Regel 8.4.1.5 Buchstabe d und 8.4.1.6 Buchstabe d fordert, dass die Handballenauflage am hinteren Ende einen 30°-Winkel oder mehr aufweisen muss. Dieser Winkel soll ausgehend von einer senkrechten Linie durch das Ende der Handballenauflage gehen.
Dazu gibt es eine Ergänzung der bisher auch verwendeten seitlichen Skizze des Griffs, die um den 30°-Winkel ergänzt wurde. Siehe dazu die obige Abbildung. Leider wird auch aus der Skizze nicht klar, worauf sich die Aussage senkrecht (perpendicular) bezieht. Es fehlt schlicht die Referenzgröße. Ohne Referenzachse oder -fläche bleibt die Angabe "senkrecht" unbestimmt. Die grundsätzlich geeignete Laufachse ist offensichtlich nicht gemeint. Wäre sie gemeint, dann passt die Zeichnung nicht. Hier würde die Laufachse so deutlich nach unten zeigen, dass es keinen Sinn ergibt.
Man könnte aus der Skizze noch auf die Idee kommen, dass die hintere Kante des Griffs als Referenzachse gemeint sein könnte. Diese Option scheidet aber auch aus. Die Linie, die den Winkel kennzeichnet, ist nicht die Verlängerung dieser Kante. Davon abgesehen würde das auch nicht funktionieren, wenn sie es wäre. Diese Kante ist beim Griffbau nicht zwingend. Dieser Teil des Griffs kann auch rund sein.
Wir werden - bis wir eine bessere Erkenntnis - haben, von der Oberfläche der Handballenauflage für den 30°-Winkel ausgehen. Das erscheint uns am derzeit am plausibelsten.

6. Handgabelüberstand bei Luftpistole nicht länger als 40mm
Die vergleichbare Regel mit einer Begrenzung von 30mm für die Länge des Handgabelüberstands (auch Griffhorn genannt) gab es bisher nur bei den 25m-Pistolen. Diese findet sich im neuen Regelwerk unter 8.4.1.6 Buchstabe e wieder. Nun gibt es sie auch für die Luftpistole mit einer Länge von 40mm in der neuen Regel 8.4.1.5 Buchstabe e. Die zusätzliche Maßgabe, dass das hintere Ende des Handgabelüberstands in einem Winkel von 45° (siehe obige Skizze Buchstabe B) gemessen von der Laufachse abgeschnitten sein muss, gab es bisher auch. Sie ist nun auch in der Regelung für die Luftpistole enthalten. Die Frage, ob es sich bei dem Punkt A in der obigen Skizze um Kante oder auch eine Rundung handeln darf, geht nicht eindeutig hervor. Angenehmer an der Hand ist sicher eine Rundung an dieser Stelle.
Zusammenfassung
Aus den Änderungen kann man herauslesen, dass die Maßgabe, dass der Griff auf keinen Fall eine Stützfunktion zum Unterarm herstellen können soll und das dies auch auf den ersten Blick ohne Diskussion und anatomische Untersuchungen durch die Kampfrichter erkennbar sein soll, an Bedeutung gewonnen hat. Auch die Begrenzung des Handgabelüberstands auf 40mm kann in diesem Kontext verstanden werden.
Die Neuregelung mit der Umfassung des Daumenballens nach hinten (sog. Schumann-Haken) mag man auch in diesem Kontext sehen. Das ergibt für uns aber keinen Sinn und führt aufgrund der Winkelverstellbarkeit zu praktischen Problemen.
Die Einführung des 30°-Winkels an der Handballenauflage kann der oben genannten Maßgabe nach der eindeutigeren Erkennbarkeit des freien Handgelenks zugeordnet werden. Das hintere obere Ende wirkt dann schmaler und lässt sich ggf. visuell besser einordnen. Handwerklich muss die ISSF hier nachbessern und eine klare Referenzgröße für den Winkel benennen.
Wir hätten uns und den Sportlern und Betreuern eine Übergangregelung gewünscht, die ein Inkrafttreten der Regelungen zum 01.01.2026 entschärft hätte.
National wird die Neuregelung in Deutschland wohl in der nächsten Sitzung der Technischen Kommission erörtert und beraten werden. Es ist nicht damit zu rechnen, dass die Regelung für das Sportjahr 2026 in das nationale Regelwerk übernommen werden.
Im Sinne des Breitensports würden wir uns freuen, wenn es national auf absehbare Zeit auch so bleiben würde.
Gerne stehen wir unseren international aktiven Kunden mit Rat und Tat bei der Anpassung ihrer Griffe an die neuen Regeln zur Verfügung.




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